9. November 2014, Potsdam und Berlin
Nürnberg und Erding vertreten gemeinsam die bayerischen Farben in Berlin
Traditionell
schließen die Deutschen Meisterschaften der Jugend C den Jahresreigen der
nationalen Meisterschaften im Modernen Fünfkampf ab. Da viele der jungen
Athleten zum ersten Mal die Luft eines „großen“ Wettkampfs schnuppern und
häufig auch zum ersten Mal in einer Staffel starten, zeichnetet sich diese
Veranstaltung in den letzten Jahren immer durch ein ganz besonderes Flair aus.
Die gleichzeitig stattfindenden Staffel-Meisterschaften der Jugend A/B stufen
dieses Event zum Gipfeltreffen der gesamten deutschen Fünfkampf-Jugend hoch.
Dieses Jahr
war bis zwei Wochen vor dem Termin nicht sicher, wo das Schwimmen ausgetragen
wird, da das Bad im Berliner Landesleistungszentrum nicht genutzt werden
konnte. Kurzfristig sprang der benachbarte Landesverband Brandenburg ein, so
dass zwar jeweils eine halbe Stunde Autofahrt zum Potsdamer Olympiastützpunkt
das Zeitbudget zusätzlich belastetet, aber durch diese, auf dem kleinen
Dienstweg eingefädelte Kooperation, konnten die Meisterschaften sichergestellt
werden.
Der erste
Wettkampftag mit den Einzel-Meisterschaften startete deshalb am Samstag um 8
Uhr auf den Startblöcken des 50 m Beckens im Potsdamer Sportpark
Luftschiffhafen. Für Bayern traten Lea Winkler aus Erding, Moritz, Benjamin und
Alexander Hierl aus Nürnberg sowie Lovis Haggenmüller und Mate Beregi aus
Erding an. Lea, Moritz, Benjamin und auch Alexander, der eine Altersklasse
höher startete, um bereits in jungen Jahren Wettkampferfahrung zu sammeln,
erschwammen sich über die 100 m Freistil mit 1:09,8 min, 1:13,0 min, 1:13,9 min
und 1:25,3 min neue persönliche Bestzeiten auf der Langbahn. Auch Lovis und
Mate, der erst seit einem Jahr am Schwimmtraining teilnimmt, konnten mit neuen
Bestzeiten von 1:18,0 min bzw. 1:29,0 min die Früchte ihrer vielen
Trainingskilometer ernten. Bei aller Freude der Athleten und Betreuer über die
Leistungssteigerungen stimmt es doch nachdenklich, dass der beste Schwimmer,
der Brandenburger Jannico Zöllner, über 8 Sekunden schneller schwamm als der
schnellste Bayer und die beste Schwimmerin, Elisabeth Paal aus
Nordrheinwestfahlen, immer noch über 6 Sekunden schneller schwamm als die beste
Bayerin.
Nach der
Fahrt zum Berliner Landesleistungszentrum stand für die Mädchen das Schießen
und für die Jungs das Fechten auf dem Zeitplan. Ob es die Freude über die tolle
Verbesserung beim Schwimmen war, oder ob andere Dinge die Konzentration beim
Präzisionsschießen beeinträchtigen ist letztendlich nicht relevant. Aber mit 69
Ringen blieb Lea leider deutlich unter ihren Möglichkeiten. Die fünf besten
Schützinnen erzielten zwischen 85 und 88 Punkte und konnten sich damit
mindestens 192 Punkte mehr als Lea gutschreiben. Auch bei den Jungs lief die
zweite Disziplin, das Fechten, durchaus durchwachsen. Während Benjamin die
ersten Gefechte regelrecht verschlief, zum Ende hin jedoch immer besser wurde
und mit 19 Siegen das insgesamt fünftbeste Fechtergebnis erkämpfte, startete
Moritz sehr gut in das Fechten, um am Ende gegen viele vermeintlich leichte
Gegner zu verlieren und sich deshalb mit nur 15 Siegen begnügen musste. Lovis konnte
16 Siege einstreichen und Mate musste ebenso wie der kleine Alexander mit nur 8
Treffern zufrieden sein. Während Mate trotz guter Aktionen den Gegner oft nur
um Haaresbreite verfehlte und etwas mit dem Glück haderte, war Alexander
angesichts der durchschnittlich mindestens einen Kopf größeren Gegner mit
seinen 8 Treffern hoch zufrieden.
Direkt im
Anschluss erlebte Alexander allerdings einen herben Rückschlag. Der Zeitplan und
die alphabetische Verteilung der Athleten auf die Schießdurchgänge forderten,
dass er schon 10 Minuten nach Ende des Fechtens im ersten Schießdurchgang
anzutreten hatte. Zudem schoss er das erste Mal in einem Wettkampf einhändig
frei (in seiner Altersklasse Jugend D ist noch Auflageschießen erlaubt) und
hatte massiv mit dem vom Fechten noch schweren Arm zu kämpfen. Am Ende packte
er mit einem Ergebnis von nur 39 Ringen die Laserpistole enttäuscht wieder in den
Koffer. Aber auch Lovis und Mate, die ebenfalls im ersten Schießdurchgang
anzutreten hatten, konnten mit 62 und 73 Ringen nicht ihre gewohnte Leistung
abrufen. Im zweiten Schießdurchgang, der über eine halbe Stunde nach dem ersten
startete, wurden insgesamt bessere Leistungen erzielt und auch Moritz und
Benjamin konnten mit 75 und 74 Ringen zumindest das untere Ende ihrer üblichen
Leistungsbandbreite erreichen. Mit 87 Ringen fuhr Luca Schütze (nomen est
omen!) aus Brandenburg im dritten Durchgang das insgesamt beste Schießergebnis
ein und durchbrach mit 1012 Punkten als einziger Junge die „Schallmauer“ von
1000 Punkten.
Beim Fechten
der Mädchen dominierten die beiden Berlinerinnen Valentina Ebersbach und Tamara
Wälisch das übrige Feld. Mit sagenhaften 29 bzw. 27 von 31 möglichen Treffern
fochten sie in einer eigenen Liga. Aber in einer kleinen Verfolgergruppe, die
sich unterhalb des Spitzenduos gebildet hatte, konnte Lea mit 21 Siegen ihre
Spritzigkeit und Treffsicherheit unter Beweis stellen und einige vermeintlich
überlegene Fechterinnen souverän besiegen.
Noch während
die Mädchen fochten, hatten die Jungs den ersten und einzigen Zeitschlitz, um
in Ruhe etwas zu essen und sich für den abschließenden 1000 m Lauf zu
regenerieren. Bei herrlichem aber frischem Spätherbstwetter fanden die Läufe
auf einer der blauen Tartanbahnen im Berliner Olympiagelände statt. Dank der
Pause vor dem Laufen konnte Landestrainer Michael Leisgang die bayerischen
Jungs gut auf ihre Rennen vorbereiten und so den Grundstein für gute bis sehr
gute Zeiten legen. Alexander zeigte ein großartiges Rennen einschließlich eines
mehr als beeindruckenden Zwischenspurts und verfehlte mit 3:36 min seine persönliche
Bestmarke nur um eine Sekunde. Lovis konnte mit 3:38 min die erwartete Zeit
zwar nicht ganz erreichen, aber nach einem harten Wettkampftag machte sich bei
der letzten Disziplin dann doch sein krankheitsbedingter Trainingsrückstand
bemerkbar. Moritz, Mate und Benjamin zeigten ambitionierte Läufe und konnten
sich mit 3:16 min, 3:21 min und 3:22 min jeweils über neue persönliche
Bestzeiten freuen. Anschließend folgten die Läufe der Mädchen. Lea absolvierte
ein gutes Rennen, hielt sich geschickt aus allen Platzierungskämpfen heraus und verbesserte sich mit 3:42 min gegenüber
dem Bayernpokal in Uffenheim deutlich. Die aufgrund der Tests im Training
erhoffte Zeitregion erreichte sie jedoch leider nicht.
Nach
Auswertung aller Ergebnisse traf man sich zur Siegerehrung wieder in einer der
Sporthallen des Berliner Landesleistungszentrums. Verglichen mit den Vorjahren
gab es keinen einzigen etwas schwächeren Teilnehmer bei den Jungen. Alexander
musste sich deshalb als Kleinster des gesamten Feldes und einziger Teilnehmer des
Jahrgangs 2002 mit dem 29. und damit vorletzten Platz zufrieden geben. Aber er
konnte den Wettkampf völlig ungezwungen genießen, durfte wertvolle
Wettkampferfahrung sammeln und knüpfte bereits erste Kontakte zu den
Fünfkämpfern anderer Landesverbände, von denen er manche nach dem Bayernpokal
in Uffenheim in Berlin nun bereits zum zweiten Mal getroffen hatte. Mate, der
nach einem Jahr Training ja immer noch als Fünfkampf-Novize betrachtet werden
muss, erreichte Platz 25 und Lovis Platz 20. Da beide dem jüngeren Jahrgang der
Jugend C angehören, sind das Leistungen, die optimistisch ins nächste Jahr
blicken lassen. Moritz und Benjamin erreichten Platz 13 bzw. Platz 8 und
mussten sich eingestehen, dass nur ihre reduzierte Fecht- und Schießleistung
ihnen den Sprung unter die Top 10 bzw. die Top 5 verwehrt hatte. Lea nahm Platz
14 ein und ärgerte sich zu Recht über ihr verpatztes Schießen. Wegen der engen
Punkteabstände der vor ihr liegenden Athletinnen wäre bei einem Schießergebnis
auf ihrem normalen Niveau eine deutlich bessere Platzierung möglich gewesen.
Obwohl die
Anstrengungen des langen Wettkampftages allen noch in den Knochen steckte,
musste Michael Leisgang noch eine wichtige Entscheidung treffen: Wer soll bei
der morgigen Staffel gemeinsam mit Moritz und Benjamin die bayerischen Farben
vertreten? Nach ein paar Gesprächen und basierend auf den Erfahrungen beim
Stützpunkttraining in Erding und bei den Jugendlehrgängen in Oberhaching
entschied der Landestrainer und Delegationsleiter, dass Lovis aufgrund seines
krankheitsbedingten Trainingsrückstandes und der damit zwangsläufig reduzierten
Regenerationsfähigkeit am Sonntag keinen weiteren Wettkampf bestreiten soll und
stattdessen Mate in der C-Jugend-Staffel antreten wird.
Nach einem
kurzen Abend in Potsdam und frühem Zubettgehen standen die drei bayerischen
Staffeljungs am Sonntag um 8 Uhr wieder auf dem Startblock im Potsdamer Bad. Die
ordentlichen Zeiten von Moritz (1:15 min) und Benjamin (1:16 min) addierten
sich mit Mates Zeit (1:35 min) zu einer Gesamtzeit von 4:03,7 min. Damit schlug
die bayerische Staffel als letzte mit einem Rückstand von 25 Sekunden auf die
vorletzte Staffel an und hatte damit eigentlich schon alle Chancen auf einen
Medaillenplatz verspielt. Aber die Moral der Jungs hatte darunter nicht
gelitten: Mit 16 engagiert herausgefochtenen Siegen holten sie sich in dieser
Disziplin den dritten Platz. Nach dem Fechten hatten die Jungs diesmal über 2
Stunden Zeit zum Essen und um sich richtig ordentlich zu erholen. Und siehe da:
Moritz, Mate und Benjamin konnten – obwohl ihnen schon eineinhalb Wettkampftage
in den Gliedern steckten – diesmal ihre Leistung abrufen und mit 77, 81 und 83
Ringen den zweiten Platz in der Disziplin Schießen erzielen. Jetzt waren alle
wieder hellwach und es wurde herumgerechnet, um wie viele Sekunden man
schneller laufen müsste als die vor den Bayern liegenden Staffeln, um sich am
Ende noch den vierten oder eventuell sogar den dritten Platz zu holen. Aber
einer Staffel, die bei Deutschen Meisterschaften antritt, 7 oder sogar 15
Sekunden auf 3x 1000 m abzunehmen erschien dann doch schon eine sehr große
Herausforderung zu sein.
Dennoch oder
gerade deshalb bereitete Michael Leisgang seine Jungs wieder perfekt vor. Leider
schien im Gegensatz zum Sonntag keine Sonne auf die blaue Tartanbahn und es war
windig und 6 Grad kalt. Keine idealen Laufbedingungen aber hochmotivierte
Sportler. Moritz hielt sich beim Start geschickt aus dem Gerangel auf den
ersten Metern heraus und klemmte sich hinter den Führenden der späteren Siegerstaffel.
Er beherzigte die Taktik-Hinweise seines Trainers, lief ein schnelles und gut
eingeteiltes Rennen, musste nie zum Führenden abreißen lassen und konnte auf
die Staffel Berlin 2, die direkten Konkurrenten um den vierten Platz, einen beeindruckenden
Vorsprung herauslaufen. Nach dem reibungslosen Wechsel auf Mate konnte er sich
über eine für die Verhältnisse überragende Zeit von 3:12,0 min – 4 Sekunden
schneller als am Vortag – freuen. Mate konnte auf den ersten eineinhalb Runden den
Vorsprung in etwa halten. Dann allerdings musste er den Konkurrenten von
Brandenburg 2 weit davonziehen lassen und auch der Vorsprung gegenüber Berlin 2
schmolz dahin. Am Ende seiner Kräfte wechselte er nach 3:34,3 min auf Benjamin.
Der warf alles in eine Waagschale und versuchte mit einem vehementen Antritt
auf den nicht allzu starken Schlussläufer von Brandenburg 2 aufzuschließen und
gleichzeitig den schnellsten Läufer von Berlin 2 in Schach zu halten. Etwa 300
m vor dem Ziel überholte er Brandenburg 2, aber der direkte Gegner Berlin 2
holte immer weiter auf. Für einen noch schnelleren Endspurt fehlte dann am Ende
aber etwas Stehvermögen und Benjamin kam mit Brandenburg 2, der insgesamt
drittbesten Staffel, nahezu zeitglich nach 3:19,1 min ins Ziel. Der Vorsprung
auf die insgesamt viertbeste Staffel, Berlin 2 betrug am Ende allerdings nur 2
Sekunden. Da für den Platztausch mit der viertplatzierten Staffel jedoch 7
Sekunden notwendig gewesen wären, konnte trotz eines von allen Jungs äußerst
ambitioniert gelaufenen Rennens, dieses Ziel nicht erreicht werden. Es gewann
die Staffel Berlin 1 (Uibel, Kauka, Netz) vor Brandenburg 1 (Rößler,
Marienhagen, Dorks) und Brandenburg 2 (Zöllner, Weigel, Ben-Hamed). Trotz des
am Ende nur fünften Ranges war keiner der bayerischen Jungs unzufrieden.
Vielmehr waren sie stolz, dass sie gegen die Staffeln der Berliner und
Potsdamer Sportschüler bestehen und sich selbst – teilweise signifikant –
verbessern konnten. Und bis kurz vor dem Ende lag ja auch tatsächlich eine
kleine Sensation in der Berliner Luft.
Bei den
Mädchen gewann Berlin 1 (Ebersbach, Wälisch, Vuletic) vor Berlin 2 (Rachut,
Schönborn, Straube) und Brandenburg 1 (Redlich, Marienhagen, Gaszikowski).
Nach der
Siegerehrung kam in der bayerischen Delegation kurz der Gedanke auf, anlässlich
des 25-jährigen Mauerfall-Jubiläums die zentrale Feier am Brandenburger Tor zu
besuchen. Aber nachdem die zwei Wettkampftage nicht nur den Athleten sondern
auch den Trainern und den schlachtenbummelnden Eltern in den Knochen steckten
und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Schulen der bayerischen
Fünfkämpfer – im Gegensatz zu den Leistungssportschulen in Potsdam und Berlin –
auch nach einem Wochenende mit Deutschen Meisterschaften am Montag wieder um 8
Uhr beginnen, beschloss man dann doch so zügig wie möglich wieder nach Hause zu
fahren.
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